Maximillians schwenkt um: Kräuterküche erschließt neues Geschmacksuniversum
(jel) Osnabrück, 23. Juli 2009 / "Kräuter sind lecker und frisch - sie sind die Urform des Functional Foods, also von Essen, das nicht nur satt macht, sondern auch der Gesundheit zuträgt." Wenn Maximillians-Küchenchef Christian Meijer über das Kochen mit Kräutern spricht, wird schnell deutlich, dass der Mann dabei etwas anders im Sinn hat als Rührei mit Schnittlauch oder ein paar Nelken im Rotkohl. Es sind Spinat-Räucherlachsrouladen mit Lakritz-Kalmus, Garnelen mit einem Dipp aus Knoblauchgras oder ein mit tasmanischem Bergpfeffer gewürztes Rinderfilet, die seinen Vorstellungen von Kräuter-Küche entsprechen.
Meijer ist seit Ende des vergangenen Jahres der Herr der Töpfe und Pfannen im Osnabrücker Restaurant Maximillians. Nachdem er zuvor für den besonderen Geschmack in der Alten Fabrik und im Lotterleben gesorgt hat, bricht er nun als neuer Herdchef im Maximillians zu neuen Ufern auf. Meijer und das Betreiberpaar Bernd und Kornelia Hanser wollen den im neunten Jahr bestehenden Schlemmertempel an der Rheiner Landtrasse gründlich umkrempeln, es soll ein Kräuterrestaurant daraus werden. "Die Leute sollen sagen, das sind doch die mit den frischen Kräutern", beschreiben Hanser und Meijer das Ziel, das für das Maximillians im Mittelpunkt ihrer Zusammenarbeit steht.
Auch im "Ess-Theater" planen sie Großes, dem neuen Restaurant an der Osnabrücker Diskothek Alando, das jetzt zum dritten gastronomischen Standbein von Familie Hanser geworden ist. Aber das ist ein Thema für einen eigenen Bericht. Jedenfalls wird die Kräuterküche aus dem Maximillians im neuen Esstheater ebenfalls vertreten sein. "Auf der Speisekarte wird es zumindest eine Rubrik mit solchen Speisen geben", so Meijer.
Bei der Verwandlung des Maximillians in ein Kräuterrestaurant sind die Hansers und Meijer bereits ein gutes Stück vorangekommen. Als eine der ersten Amtshandlungen hat der neue Küchenchef ein Gewächshaus an dem Restaurant aufgebaut, in dem er einige Kräuter selbst zieht, die in der Küche verarbeitet werden. Etwa die Zitronenverbene, die Meijer zum Beispiel dazu verwendet, Süßspeisen wie einer Crema Catalan einen frischen Geschmacksakzent zu verleihen. Auch den tasmanischen Bergpfeffer zieht er dort, mit dem er das Rinderfilet und das Carpaccio würzt - zuerst schmeckt dieser Pfeffer ein wenig süß, dann scharf, aber er brennt nicht auf der Zunge.
{FOTO Christian Meijers Kräuterküche ist eine Wissenschaft für sich: Nicht alle Gewürzpflanzen vertragen Hitze, manche werden besser mit Essig, andere besser mit Öl zubereitet. }
Um die Gäste auf den Geschmack zu bringen, haben die Maximillians-Macher eine mannigfaltige Auswahl von "Kleinen Kräutereien" kreiert. Diese Kräuterhappen nehmen auf der Speisekarte den Teil der Vorgerichte ein. Sie können einzeln oder in kleinerer Auswahl als Vorspeise bestellt werden, aber die Gäste können sie auch zur vollständigen Mahlzeit kombinieren oder zusammenstellen lassen. Wer gerne Kleinigkeiten schnabuliert, wird an den Kräutereien seine Freude haben: Die Auswahl reicht von Datteln im Speckmantel, verfeinert mit Ananas-Salbei, über Jacobsmuscheln mit japanischer Heilminze bis zu Gnocchi mit Lavendel oder einem Ananas-Satéspieß, zu dem eine mit Zitronenthymian gewürzte Erdnussbuttersoße gereicht wird. Um es ganz platt zu sagen: Die Kräuter schmecken, wie sie heißen - meist sehr intensiv. Sie erschließen ein ganzes Universum von Aromen: Wer damit zu würzen weiß, kann jede gewünschte Geschmacksrichtung erzeugen oder intensivieren.
Neben den kleinen und großen Kräutereien für den Direktverzehr produziert das Maximillians nun auch eigene Pestos mit Kräutern und Gewürzen, deren Außer-Haus-Vermarktung gerade anläuft. Familie Hanser und Meijer geht das aber alles noch nicht weit genug: "Wir wollen noch mehr in die Richtung ,Bio' gehen und auch in der Außendarstellung mit einem eigenen Slogan auf das Kräuterthema abheben."
Es entspreche den Ernährungsgewohnheiten von immer mehr Menschen, auf Qualität und Frische der Zutaten zu achten. Die Kräuterküche bilde diesen Trend ab und ergänze ihn um die gesundheitsfördernde Wirkung der Kräuter. Außerdem sei das Thema ausgesprochen kommunikativ und stelle weithin ein Alleinstellungsmerkmal dar. "Ich kann es zwar nicht beweisen, aber ich gehe davon aus, dass es in ganz Norddeutschland kein weiteres Restaurant gibt, in dem das Kochen mit Kräutern so wie bei uns mit einem eigenen Gewächshaus gepflegt wird", meint Meijer.
Hanser und Meijer haben sich im wahrsten Sinne des Wortes einen grünen Daumen geholt. Ihr Zusammengehen war zwar von langer Hand vorbereitet, auch die Konzeptidee stand bereits - aber ganz einfach so ließ sich der geschmackliche Umschwenk nicht aus dem Hut zaubern, da einfach die Zutaten fehlten. Kräuter in ausreichender Menge waren nicht zu kaufen. Und dass Meijer ausgerechnet im November, also zum Beginn der kalten Jahreszeit, ins Maximillians wechselte, war für den Start des eigenen Kräuteranbaus kein allzu günstiger Zeitpunkt. Hanser und Meijer ließen sich davon aber nicht beirren und richteten ein Gewächshaus ein, in dem sie mit viel Wärme und dem richtigen Licht ihre ersten eigenen Kräuter und Gewürzpflanzen groß zogen und heil über den Winter brachten. Jetzt grünt und blüht es prächtig in dem Gewächshaus - aber der Eigenanbau reicht nicht. Um auch auf größere Bewirtungsanlässe eingerichtet zu sein und ständig über alle Kräuterpflanzen verfügen zu können, brachten sie Meijers Mutter dazu, in ihrem Gärtnereibetrieb einige Flächen für den Anbau von Kräutern und Gewürzen zu reservieren.
{FOTO Kräuter erschließen ein ganz neues Geschmacksuniversum: Knoblauchgras etwa schmeckt intensiv nach dem Gewürz, aber man riecht nicht danach.}
Im Maximillians übernimmt das Gewächshaus jenen Part, den andernorts das Aquarium mit den Hummern einnimmt. Die Gäste können das Haus und einen kleinen Außengarten einsehen und die Köche beim Kräuterschnitt für die einzelnen Bestellungen beobachten. Wenn sich die Tür öffnet, riecht es in dem Gewächshaus vor allem nach Erde - um die Vielfalt der Aromen zu erleben, müssen Besucher schon näher hinriechen oder auch -schmecken. Die Pflanzen, die meist gar nicht besonders ansehnlich aussehen, breiten ein Gewürz- und Zutatenregal mit schier unendlicher Bandbreite aus. So entfaltet etwa die Erdbeerminze ein ganz wunderbar duftendes Fruchtaroma, sobald sie zwischen den Fingern zerrieben wird. Ebenso verhält es sich mit der Zitronenverbene. Sie kommt im Gegensatz zum echten Fruchtsaft ohne Säure daher, so Meijer. Knoblauchgras hat einen tolle Effekt: "Es schmeckt wunderbar aromatisch, aber man reicht nicht danach", verrät der Kräuter-Experte.
Kochen mit Kräutern ist eine Wissenschaft für sich, übliche Begriffe des Würzens müssen dabei über Bord geworfen werden. "Wir haben natürlich nicht alles neu erfunden, vielfach wurden Kräuter ja auch bereits früher verwendet, aber es ist mit ganz viel Probieren, Abschmecken und auch Wegkippen verbunden, bis man weiß, wie es gemacht wird", berichtet der Küchenchef. Man müsse herausfinden, ob sich die Kräuter besser mit Öl oder mit Essig vertragen, ob sie erhitzt werden dürften und wie sehr. Diese Art des Kochens sei auch für ihn mit ständigem Lernen verbunden. "Damit sind wir längst nicht am Ende. Aber wir haben dabei nun einen Wissensvorsprung - und darauf können wir aufbauen", so Meijer.
Die Kräuter sollen einen neuen, eigenen Akzent in der Maximillians-Küche setzen - aber nicht nur. "Wir wollen niemanden abstoßen, der sich nicht so gerne auf dieses geschmackliche Neuland begeben möchte, deswegen umfasst die Karten auch viele Speisen ohne allzu ausgefallene Zutaten", so der Küchenchef und sein Arbeitgeber. "Aber wenn wir möchten, dass Gäste etwa aus Lüstringen zu uns kommen, müssen wir ihnen mehr und etwas anderes bieten als andere guten Lokale, an denen sie auf dem Weg zu uns vorbei kommen."
Hanser und Meijer bilden ein tolles Team. Wenn sie gemeinsam über Projekte sprechen, beginnt häufig der eine den Satz und der andere bringt ihn zu Ende. Sie ergänzen sich, Aufbruchsstimmung und Ärmelkrempeln liegt in der Luft. "Mit Christan Meijer ist schlussendlich ja auch ein perfekter Organisator an Bord gekommen, auf den wir uns in jeder Situation verlassen können", freut sich der Chef. Mit dem Ess-Theater und der ebenfalls von der Familie Hanser betriebenen Theaterkantine Lampenfieber soll ein Gastro-Netzwerk entstehen, in dem sich alles gegenseitig befruchtet.
Natürlich ist es auch möglich, sich bei Veranstaltungen aller Art mit der Kräuterküche aus dem Maximillians bewirten zu lassen. Der neue Küchenchef und die Betreiberfamilie haben auch das Catering-Geschäft ausgebaut. So ganz nebenbei beköstigt das Maximilians übrigens noch 22 Kindergärten mit 450 Mittagessen täglich. "Wir haben ganz schön Gas gegeben", sagen Hanser und Meijer.
© für Abbildungen: Eigenfotos, jel
Restaurant Maximillians
Restaurant Ess-Theater